Wenn die Kinder liebevoll zum
Nachdenken motiviert werden sollen, dann ist dieses Märchenbuch
Pflichtliteratur! Die lebenserfahrene, warmherzige, kinderliebende
Autorin Marianne Hofmann, selbst Oma, versteht es, den Kindern durch die
Märchen, unterschiedlichste Lebensweisheiten zu vermitteln. Einfach
bezaubernd. Das
Märchenbuch ist im Dezember 2015 bei Cyberpublishing erschienen.
LESEPROBE
Die Schnecke Karoline
Es ist ein sonniger, warmer Tag,
alles blüht und grünt. Auch in Tante Sophies Kräutergarten ist es
wunderschön. Da wachsen der Schnittlauch und die Petersilie. Auch Dille
gibt es. Hinten im sonnigsten Eck wächst schon der Salat, ist schon
hellgrün und wartet nur darauf, geerntet zu werden. Die Blätter der
Radieschen sind auch sehr groß. Da kommt auch schon Tante Sophie, um
alles zu begutachten. Aber, was sieht sie da?
“Also, das glaube ich jetzt nicht!” ruft sie ganz empört, “wie schaut denn mein Salat aus?
Alles angeknabbert, das ist ja furchtbar. Das waren sicherlich wieder die Schnecken. Unerhört!”
Vor lauter Ärger bemerkt sie gar
nicht, dass sich unter einem großen Salatblatt eine kleine Schnecke
versteckt. Die hat Angst bekommen, als sie Tante Sophie schimpfen gehört
hat. Die
anderen Schnecken sind gleich
fortgeschlüpft, nur die kleine Schnecke, Karoline, ist mit ihrem
Schneckenhaus am Salatblatt hängengeblieben. Vor lauter Angst zittert
sie so sehr, dass sogar das Haus auf ihrem Rücken verrutscht. Und, oh
Schreck, jetzt fällt das Haus sogar hinunter und kollert direkt vor
Tante Sophies Füßen.
“Ja was ist denn das?” wundert sich diese und hebt das Schneckenhaus auf.
“Das ist ja wunderschön” ruft sie, “das hebe ich mir auf.” Tante Sophie
dreht sich um und geht ins Gartenhaus, um das Schneckenhaus
hineinzutragen.
“Oje” denkt sich Karoline, “was
mache ich nur? Ich kann unmöglich ohne mein Haus in unsere Höhle kommen,
da lachen mich doch alle aus. Was tue ich nur? Ich muss mir unbedingt
mein Haus wieder holen.” Also kriecht Karoline unter dem Salatblatt
hervor und begibt sich zum Gartenhaus. Aber das ist ja so mit den
Schnecken. Wie ihr wisst, sie sind ja nicht die schnellsten, haben ein
“Schneckentempo”, außerdem muss Karoline vorsichtig sein, damit Tante
Sophie sie nicht sieht. Endlich, nach langer, langer Zeit, ist Karoline
beim Gartenhaus angekommen. Die Türe ist offen, somit konnte sie
vorsichtig hineinkriechen. Tante Sophie kommt gerade heraus, sieht sie
aber zum Glück nicht. Vorsichtig schaut sich Karoline um. Da sieht sie
auch schon ihr Haus. Es liegt neben einem großen Blumentopf und einer
Gartenschaufel. Auf dieser Schaufel sitzt eine große Heuschrecke und
sieht ganz verwundert auf Karoline.
“Ja sag einmal, was machst du denn da?” fragt er Karoline.
“Ach weißt du, ich habe mein Haus verloren und möchte es wieder haben. Übrigens, ich heiße Karoline und du?”
“Ich bin Ferdinand, es freut mich dich kennenzulernen. Aber, was willst du jetzt tun?”
“Ich habe keine Ahnung” seufzt Karoline, “ich muss unbedingt mein Haus wieder haben, sonst spotten mich alle aus.”
“Das verstehe ich” antwortet Ferdinand, “aber ich kann es nicht
hinunterwerfen, es ist mir zu schwer, außerdem, befürchte ich, dass es
zerbricht. Lass mich überlegen, vielleicht fällt mir etwas ein!
“Ja, bitte, bitte, hilf mir” sagt Karoline.
Ferdinand macht einen großen Sprung und hüpft aus dem Gartenhaus. “Ich
hoffe, dass er mir helfen kann und bald zurückkommt” denkt Karoline.
Nach einiger Zeit - Karoline ist schon etwas ungeduldig, außerdem fühlt
sie sich so nackt ohne ihr Haus auf dem Rücken -, hört sie von weitem
Ferdinands Stimme.
“Otto, nicht nach links, gerade zum Gartenhaus, die arme Schnecke wird
schon auf uns warten.” Da erscheint auch schon bei der Türe eine Ratte
und auf ihrem Rücken sitzt Ferdinand.
Zuerst erschrickt Karoline
furchtbar, aber Ferdinand ruft ihr zu: “Keine Angst, das ist Otto und er
wird dir helfen, dass du wieder zu deinem Haus kommst.”
“Hallo
Karoline” schnauft Otto: „Entschuldige, ich bin außer Atem, Ferdinand
hat mich so gehetzt, dass wir hierher zu dir kommen. Also wo ist denn
dein Haus?”
“Dort oben liegt es” zeigt Karoline mit ihren Fühlern
hinauf, “dort neben dem Blumentopf und der Gartenschaufel. “Ja, ich sehe
es schon. Das haben wir gleich.”
Die Ratte macht einen großen Sprung mit Ferdinand auf dem Rücken und landet genau neben dem Blumentopf. Ferdinand hüpft
von Otto und stemmt das Schneckenhaus auf Ottos Rücken. Er setzt sich dann oben drauf und hält es fest.
“Los geht’s Otto!” ruft er, “aber vorsichtig, sonst falle ich mitsamt dem Haus runter!”
“Ist schon gut Ferdinand, wir schaffen es schon.”
Gesagt, getan. Vorsichtig klettert Otto mit Ferdinand und dem
Schneckenhaus auf der langen Gartenschaufel nach unten, wo er genau
neben Karoline landet.
“So das hätten wir einmal” keucht dann Otto. Aber jetzt muss das Haus noch auf Karolines Rücken.”
Karoline ist furchtbar aufgeregt und auch ein bisschen ratlos, denn
wenn eine Schnecke ihr Haus verliert, dauert es dann wieder eine Zeit
bis es anwächst. Als Ferdinand sieht wie Karoline ratlos dreinschaut,
sagt er: “Hab’ keine Angst, ich habe an alles gedacht, aber jetzt müssen
wir dir zuerst einmal das Haus auf deinen Rücken legen. Mach dich ganz
flach und bleib ganz ruhig.”
“Ja, das mache ich” antwortet Karoline und vor lauter Aufregung muss sie weinen.
“Ja was ist denn?” ruft Ott ganz verwundert, “du wirst sehen, wir
schaffen das.” Ferdinand rollt das Haus vorsichtig von Ottos Rücken und
dann schubsen sie das Haus auf Karolines Rücken.
“Ach, das ist ein gutes Gefühl” ruft Karoline, “aber es wackelt so.”
“Auch daran habe ich gedacht” ruft Ferdinand und hüpft zu einer großen Rolle Spagat.
“Otto, komm hierher, du musst ein Stück von diesem Spagat abbeißen,
damit wir Karoline das Haus auf ihrem Rücken anbinden können.”
“Mache ich” antwortet Otto und beginnt schon an der Schnur zu nagen. Mit
seinen scharfen Zähnen hat er im Nu ein großes Stück abgebissen und
dann binden Ferdinand und er Karoline das Haus auf ihrem Rücken fest.
“Sei aber im Moment noch vorsichtig, sei nicht zu schnell, sonst verlierst du das Haus wieder.”
“Ach!” ruft Karoline: “Da besteht
keine Gefahr. Denn ich bin ja im Schneckentempo unterwegs und werde
achtgeben, dass mir so etwas nie wieder passiert. Dankeschön ihr Beiden,
ich werde es euch nie vergessen.”
“Gern geschehen” rufen Ferdinand und Otto, “dazu sind ja Freunde da. Und wenn du wieder einmal etwas brauchst, dann rufe uns.”
Und so macht sich Karoline auf dem Weg mit ihrem Haus auf dem Rücken und ist froh, dass alles so gut ausgegangen ist.